Kinderdorfmutter. Pflegeeltern. Bereitschaftspflege. Die Pflege von Kindern, die aus verschiedenen Gründen für kurze oder lange Zeit nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern bleiben können, kennt viele Formen. Michaela und ihre Familie nehmen zum Beispiel Kinder auf, die kurzfristig einen Ort zum Bleiben brauchen, und sie wissen nie, wie lange die Kinder bei ihnen bleiben werden. Vera hat in ihrer Laufbahn als Pflegemutter schon über 60 Kindern ein neues Zuhause gegeben, sie „rettet Leben“, wie eines ihrer Pflegekinder im Interview sagt. Als Pflegemutter oder -vater braucht man nicht nur ganz viel Empathie und Liebe, sondern auch die nötige Stärke, sich im Zweifel wieder von einem Kind trennen zu können. Ich finde das Thema total spannend und habe deshalb drei Dokus ausgesucht, die in Porträts unterschiedliche Frauen (und deren Familien) vorstellen, die als Pflegeeltern ihre Berufung gefunden haben.
1. „Mama auf Zeit: Eine Ersatzfamilie für Babys in Not“, WDR Doku, 2019, Länge: ca. 45 Minuten
Bei Michaela und ihrer Familie kann jederzeit das Telefon klingeln mit der Nachricht vom Jugendamt, dass ein Kind aus der eigenen Familie geholt werden musste und nun eine Bleibe braucht. Mit einem solchen Anruf beginnt die Doku, die Michaelas Tätigkeit in der Bereitschaftspflege thematisiert. Als Pflegemutter für Kinder in Not nimmt sie kurzfristig Kinder bei sich auf, für die entschieden werden muss, ob sie zurück zu ihren leiblichen Eltern können oder ob sie als Pflegekind weitervermittelt werden. Die Kinder können für wenige Tage bei ihr und ihrer Familie bleiben, oder auch für mehrere Monate. Der kleine Junge, der im Alter von acht Wochen zu ihr kommt, wohn für ca. ein halbes Jahr bei ihr, und diese Zeit – mit ihren schönen und schwierigen Seiten – wird in dem Film einfühlsam und emotional dokumentiert.
sehr schön erzählt, man kann die Wünsche und Sorgen der Protagonist*innen nachfühlen
Michaela wird oft gefragt, warum es z.B. schwierig für sie ist, den kleinen Jungen mit seinen zukünftigen Pflegeeltern spielen zu sehen, oder wie schwer es ihr generell fällt, die Kinder wieder gehen zu lassen –> das Thema belastet sie sichtlich und die Emotionen würden genauso gut vermittelt werden, wenn sie nicht so oft danach gefragt werden würde
2. „Pflegemutter aus Leidenschaft: Vera und ihre 60 Kinder“, BR, 2019, Länge: ca. 45 Minuten
Die Dokumentation erzählt die Biografie von Vera, die als Pflegemutter in 28 Jahren über 60 Kindern ein Zuhause gegeben hat. Im Fokus steht aber nicht nur ihre Tätigkeit als Pflegemutter, sondern auch ihr Leben davor: Angefangen bei ihrer Kindheit, zeichnet der Film Veras kompletten Lebensweg nach, folgt ihr auf einer Reise in ihre Vergangenheit nach Italien, und führt schließlich bis in die Gegenwart, wo alle Linien zusammenlaufen. Statt ihrer Tätigkeit steht hier die ganze Person im Vordergrund; auf eine sehr ehrlicheArt und Weise stellt der Film eine außergewöhnliche Frau vor.
schön, dass Vera meistens selbst erzählt (eine „fremde“ Erzählerstimme ist kaum notwendig), ihre Geschichte wirkt dadurch authentischer und persönlicher
sehr unaufgeregte/leise Narration, man muss sich auf die Geschichte, die erzählt wird, einlassen
3. „Von Beruf Mutter – Kann man fremde Kinder lieben?“, WDR Doku, 2017, Länge: ca. 45 Minuten
Diese Doku porträtiert Marina, die als Kinderdorfmutter in einem SOS-Kinderdorf arbeitet. Sie startet mit Marinas Umzug in das Kinderdorf und begleitet sie, während nacheinander die ersten Kinder bei ihr einziehen, in ihrem Alltag. Am Ende des Films lebt sie mit fünf Kindern (zwei Geschwistergruppen) zusammen, die in dem Kinderdorf betreut werden, bis sie wieder zu ihren leiblichen Eltern zurückkönnen. Der Frage, inwieweit eine Kinderdorfmutter eine richtige Mutter für die Kinder, die sie betreut, sein kann, wird auf eine interessante Weise nachgegangen, denn tatsächlich macht Marina immer wieder deutlich, dass sie kein Mutterersatz sein kann und will, und auch im Umgang mit den Kindern wird sie als viel weniger liebevoll dargestellt als die Mütter in den anderen beiden Doku-Tipps. Die Doku wird von Interviews mit Marina, den Kindern, leiblichen Eltern und Erzieher*innen dominiert, die zwar interessant sind, aber dennoch wäre es schöner, einen weniger kommentierten, „unverfälschteren“ Einblick in Marinas Alltag zu bekommen.
hinterlässt gemischte Gefühle, die zum Nachdenken anregen
den Kindern werden zum Teil sehr invasive Fragen gestellt; viele Interviews